Seit dem Ende des Kalten Krieges dominierten die Vereinigten Staaten militärisch, wirtschaftlich und kulturell – wir lebten in einer grösstenteils unipolaren Ordnung, in der die USA, ihre Politik, ihre Filme, ihre Musik, ihr Essen, den Takt für den Rest der Welt vorgaben.
Doch diese von westlichen Werten geprägte Welt war einmal … Eine multipolare Welt nimmt zunehmend Form an. So gewinnen BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) an Bedeutung und präsentieren sich als Gegengewicht zu den westlich dominierten G7. Auch regionale Organisationen wie die Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) oder die ASEAN entwickeln sich zu zentralen Pfeilern einer neuen, vielfältigeren Weltordnung.
Sie alle sind Ausdruck einer neuen Realität, die nicht länger von einem einzigen Narrativ bestimmt wird. Einer Realität, die grosse Gefahren in sich birgt, aber die auch grosse Chancen, vielleicht sogar ein Happy End, in sich birgt. Wenn wir es denn schaffen, dieser neuen Erzählung der Vielfalt einen positiven Drive zu geben.
Eine natürliche Entwicklung
Diese hier skizzierte Entwicklung ist kein Zufall. Denn so wenig wie Menschen gleich sind, sind es Kulturen, Länder und Regionen.
Menschen sind verschieden, mit unterschiedlichen Talenten, Stärken und Perspektiven. Diese Unterschiedlichkeit erzeugt Reibung – aber auch Innovation, Wachstum und Wertschöpfung. Wer Unterschiede ausmerzt, reduziert Möglichkeiten. Wer Unterschiede bewusst nutzt, schafft neue Räume für Entwicklung.
Dasselbe gilt für Unternehmen, Gemeinden und ganze Staaten. Wo klare Profile entstehen – wo sich jemand sichtbar von anderen unterscheidet – da entsteht Wert. Dort wird ein Beitrag geleistet, der nicht ersetzbar ist. Es geht nicht um besser oder schlechter, sondern um anders – um Komplementarität.
Vielfalt ist das Naturprinzip, und es drängt sich unaufhaltsam auch im globalen Machtgefüge nach vorn.
Wer glaubt, Stabilität ließe sich auf Dauer durch Gleichmacherei erreichen, wird eines Besseren belehrt werden. Nicht die Vereinheitlichung schafft Zukunft, sondern die Anerkennung und aktive Nutzung von Unterschieden.
Doch diese neue Welt ist kein Selbstläufer. Sie bringt Unsicherheiten, neue Konflikte und eine schwerer kalkulierbare Dynamik mit sich. Kooperation wird anspruchsvoller, weil sie nicht mehr in einer vorgegebenen Ordnung geschieht, sondern neu ausgehandelt werden muss.
Aber genau hier liegt auch die Chance: für mehr echte Teilhabe, für ein tieferes Verständnis füreinander und für nachhaltigere Formen der Zusammenarbeit.
Chancen für ein Happy End
Eine multipolare Weltordnung müsste also bedeuten: die Vielfalt der Kulturen, Wirtschaftsmodelle und Lebensweisen nicht nur zu tolerieren, sondern aktiv zu schätzen und einzubinden.
Dafür braucht es in den Schaltzentralen dieser Welt, dafür brauchen auch Sie und ich ein anderes Verhältnis zur Macht, ein anderes Mindset, das von Kontrolle und Steuerung Abstand nimmt. Nur dann gehört die Zukunft nicht denen, die möglichst viele in ein Korsett zwängen wollen, sondern denen, die in der Unterschiedlichkeit das größere Ganze erkennen.
Aber es braucht den Mut, Andersartigkeit nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung zu begreifen.
Wir brauchen den Willen, kontroverse Meinungen auszuhalten und unterschiedliche Wege zuzulassen. Und wir brauchen die Fähigkeit, daraus neue Verbindungen zu schaffen, ohne die Unterschiede zu nivellieren. Wir gehen in den Dialog, getragen von der Bereitschaft, mehrere Wahrheiten nebeneinander stehen zu lassen und daran zu wachsen.
Auch auf persönlicher Ebene stellt sich die Frage neu: Wo liegen Ihre eigenen Stärken? Wo heben Sie sich ab? Welche einzigartige Kompetenz tragen Sie bei? In einer Welt, die auf Vielfalt setzt, was auch für unsere Finanz- und Geldsysteme gilt, ist es der eigene Charakter, die eigene Überzeugung, die wieder zählen.
Nicht Gleichheit im Ergebnis, sondern Freiheit in der Entfaltung wird zum Leitbild der neuen Zeit. Wer sich darauf einlässt, wird entdecken, dass wahre Stärke aus echter Vielfalt erwächst – in Unternehmen, in Gesellschaften und im globalen Miteinander.
Die Zeiten einfacher Antworten sind vorbei. Und das ist eine große Chance.
Ihr Markus Hotz